Almwirtschaft

Neben der Bedeutung der Almwirtschaft im Gebirgsland Österreich für die Berglandwirtschaft wird ihr Wert für Gesundheit, Tourismus, Umweltschutz Ökologie und Kultur immer mehr erkannt. Von der Gesamtfläche Österreichs entfallen rund 17 % auf Almkatasterflächen wobei der Almanteil besonders in den westlichen Bundesländer Vorarlberg und Tirol mit 47 % und 44 % der Landesfläche überraschend hoch ist.

Das Erscheinungsbild der Landschaft im Berggebiet ist sehr stark durch die Almen geprägt. Die Jahrhunderte lange Beweidung der alpinen Lagen durch die Nutztiere hat ihr heutiges Aussehen geschaffen.
Das Höhenklima, die artgerechte Weidehaltung der Rinder, der vielfältige Pflanzenbestand und vor allem die selektive Futteraufnahme auf den Almen bringen hochwertige Lebensmittel hervor, die eine gefragte Alternative zu Nahrungsmitteln aus der Massenproduktion darstellen.
Milch und Fleisch von Almen haben wissenschaftlich nachgewiesen eine Sonderstellung und bringen überraschend viele gesundheitliche Vorteile (höherer Gehalt an Omega-3-Fettsäuren, conjungierte Linolsäure, Vitaminen, Terpenen, langkettige ungesättigte Fettsäuren, CLA usw.).

Die Bevölkerung hat Sehnsucht nach dem Ursprünglichen, dem Echten, findet auf den belebten Almen Verköstigung, Ruhe und Geborgenheit. Die multifunktionelle Bedeutung richtig bewirtschafteter Almen wird zunehmend erkannt. Die Bewahrung dieser landestypischen Bewirtschaftung liegt mit ihrer Erhaltung der Artenvielfalt (Biodiversität) im besonderen Interesse der Alpenländer. Diese Leistungen sind daher auch in Zukunft durch die Fachabteilungen der Länder zu unterstützen und zu fördern.

Siehe auch umfangreiche HP:

https://www.alpwirtschaft.com/Alpwirtschaft

Land Tirol schafft Rechtssicherheit für Almbauer (14.03.2019)

Drei Wochen nach dem Urteil zur tödlichen Kuhattacke auf einer Tiroler Alm hat das Land Tirol mit Bauernvertretern ein Maßnahmenpaket fixiert. Neben gesetzlichen Änderungen wird das Land eine Haftpflichtversicherung für Almbauern abschließen.

Schon im Mai, spätestens aber ab Juni treiben die Bauern in Tirol ihre Tiere auf die rund 2.000 Almen im Land. Nach dem Kuhattackenprozess, der mit hohen Schadenersatzzahlungen für einen Stubaier Landwirt endete, war die Verunsicherung bei den Almbauern groß. Diese Verunsicherung galt es laut Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) rasch zu beseitigen – rechtlich genauso wie in der Haftungsfrage.

Land übernimmt Haftpflichtversicherung

Wie bereits angekündigt, wird das Land Tirol für alle Almbauern eine Wegeversicherung für Almen und Wiesen abschließen, die bereits ab April gültig sein wird. Die Kosten von rund 50.000 Euro übernimmt das Land Tirol. Damit sind Almbauern im Falle eines Zwischenfalls künftig finanziell abgesichert.

Debatte: Kuh-Urteil: Was bringen die Maßnahmen?

Ziel sei es aber, so Platter, dass es künftig zu gar keinen Zwischenfällen mehr kommt. Deshalb wurde die Landeseinrichtung „Lebensraum 4.0“ damit beauftragt, eine großangelegte Informationskampagne zu organisieren und begleitend dazu auch „die wertvollen Almprodukte besser vor den Vorhang zu holen“.

Im Mai-Landtag sollen die gesetzlichen Änderungen im Almschutzgesetz beschlossen werden

Almschutzgesetz wird angepasst

Wie der Bund wird auch das Land Tirol ein Mehr an Eigenverantwortung für Almbesucher gesetzlich verankern. Das soll im Almschutzgesetz festgeschrieben und im Mai-Landtag beschlossen werden. Konkret gehe es darum, dass es künftig gesetzliche Verhaltenspflichten für Wanderer geben werde. Daran gekoppelt werden in einer Verordnung Verhaltensregeln ähnlich den FIS-Regeln beim Skifahren, erklärte Landwirtschaftslandesrat Josef Geisler (ÖVP).

Bewirtschaftete Almen seien von enormer Bedeutung für das Land Tirol, so Platter und Geisler – nicht nur für den Tourismus, sondern auch was den Schutz vor Naturgefahren betreffe. Deshalb sei das Land in der Verpflichtung, alles zu unternehmen, damit die Almbewirtschaftung auch in Zukunft nicht gefährdet sei.

Die Information für Almbesucher soll künftig deutlich verstärkt werden

Auch Pflichten für Bauern

Seitens der Bauernvertreter drohte man unmittelbar nach dem Kuhurteil mit Wegsperren im Almbereich. Diese seien mit den nun getroffenen Maßnahmen nicht mehr notwendig, zeigte sich Landwirtschaftskammer-Präsident Josef Hechenberger erleichtert. Es sei gut, dass es künftig ein geregeltes Nebeneinander von Landwirtschaft und Almbesuchern geben könne, ohne große Verbote und Sperren.

Sehr wohl werde man auch seitens der Kammer die Informationspolitik weiter verstärken. In den kommenden Wochen plant Hechenberger eine Tirol-Tour, bei der Bauern über ihre Rechte und Pflichten aufgeklärt werden sollen. Verhaltensauffällige Kühe etwa hätten auf einer Alm nichts verloren, nannte Hechenberger ein Beispiel dafür, dass die Verantwortung nicht nur bei Almbesuchern liege.

Stefan Lindner, tirol.ORF.at

Nach Kuh-Urteil: ÖBV fordert Sicherheit für Bergbetriebe und mehr Realitätsbezug published on 28. Februar 2019

Nach Kuh-Urteil: ÖBV fordert Sicherheit für Bergbetriebe und mehr Realitätsbezug

„Almen sollen Orte guten Lebens sein. Aber das muss für alle gelten.“

Es gibt einen gesellschaftlichen Konsens, dass Alm- und Berglandwirtschaft mit ihren Kulturlandschaften wichtig und wünschenswert sind. Das Tiroler Urteil hat viele existierende Probleme offenkundig gemacht. Es kommt für viele der Aufkündigung des gesellschaftlichen Konsenses gleich. Viele Bauern und Bäuerinnen sind wütend.

„Angst und Wut sind schlechte Ratgeber, aber es braucht klare Regelungen. Wir wollen, dass Almen Orte guten Lebens sein können. Das beinhaltet Sicherheit für alle, aber auch Verantwortung von allen.“ so Johann Kriechbaum, Obmann der Österreichischen Berg- und Kleinbäuer_innen Vereinigung (ÖBV).

Das Gericht hat den Tiroler Bauern zu einem Schadensersatz verurteilt, um „Wiedergutmachung“ zu ermöglichen. Für das Gericht war dabei die Schuldfrage in diesem einen Fall zu klären. Aus Sicht vieler Bauern und Bäuerinnen saß jedoch die gesamte Almwirtschaft auf der Anklagebank. Bei diesem tragischen Unfall die Schuld so klar zuzuweisen und die Strafe in dieser Höhe, hat zu großer Empörung geführt.

Klare gesetzliche Regelungen sind wichtig, weil sie Klarheit schaffen. Sie müssen aber mit der Realität der Almwirtschaft übereinstimmen. Mehr Zäune wären mit einem enormen Aufwand verbunden und zerschneiden die Almgebiete weiter – auch für die Wildtiere. Unfälle mit Tieren können nicht restlos ausgeschlossen werden, doch das Risiko darf nicht einseitig bei den Bauern und Bäuerinnen liegen. Auch über Hunde auf der Alm muss diskutiert werden.

Mehr Realitätsbezug!

Ausgangspunkt ist allzu oft eine verzerrte Realität. Das Ergebnis: Bäuerliche Betriebe müssen dann als letztes Glied in der Kette für vieles herhalten, ohne dafür honoriert zu werden. Der Ablauf folgt immer dem gleichen Muster: Aus Ansprüchen werden Auflagen, Kontrollen und Haftungen für Bauern und Bäuerinnen – und fallweise folgen einseitige Schuldzuweisungen und Strafen. Das kann schnell existenzbedrohend werden, oft ist es jedoch schlicht ungerecht. Gerade dann, wenn zugleich die bäuerlichen Einkommen laufend sinken und die Agrarpolitik Intensivbetriebe in den Gunstlagen bevorzugt.

„Wichtig ist aber auch, über die Zusammenhänge zu diskutieren: In den letzten Jahren mussten unzählige Milchbetriebe aufhören und sind auf Mutterkuhhaltung umgestiegen. Das wirkt sich auch auf die Zahl der Mutterkühe mit Kälbern auf den Almen aus. Und damit auch auf die Risiken für Wanderer, insbesondere wenn sie Hunde mitführen.“ so Kriechbaum weiter.

Es braucht einen neuen Konsens!

Hier ist ein Blick auf das größere Bild nötig: Die Zukunft der Almen geht weit über touristische Nutzungen hinaus. In Zeiten des Klimawandels kommt einer nachhaltigen Grünlandnutzung in den Bergen eine große Bedeutung zu, ebenso sind der Schutz der Artenvielfalt, vor Bodenerosion und Lawinen wichtige Leistungen für die Allgemeinheit. Die Almen als Orte guten Lebens sind eine Vision für die Gesellschaft. Der aktuelle Fall zeigt einerseits, wie schnell eine gemeinsame Vision in sich zusammenbrechen kann. Andererseits wird deutlich, dass wir einen neuen Konsens brauchen, der die Zukunft der Almen erst ermöglicht.

Auf Almen gibt es viele Nutzungsansprüche: Weiden, Sommer- und Wintertourismus, Wolf, Naturschutz, Tierwohl, Erhalt der Kulturlandschaft, Wasser, Wege, Forstwirtschaft, dazu kommen „Nutzungsansprüche“ von Hunden auf der Alm, sowie Schutzinstinkte von Mutterkühen und viele mehr. Diese Mischnutzungen werden auf jeder einzelnen Alm durch Kompromisse gewährleistet. Oder sie bleiben ein Konflikt. Sehr oft ist diese Balance in Gefahr, weil Verständnis und Wissen über die Hintergründe fehlen: Etwa über die Arbeit, die diese Nutzungen erst möglich macht. Almen würde es ohne Berglandwirtschaft nicht geben.

Die notwendige Arbeit leisten viele Almbauern und -bäuerinnen, SennerInnen und HirtInnen weit unter ihrem Wert. Viele Betriebe kämpfen ums Überleben, aber trotzdem wird die Arbeit gemacht. Deshalb ist oft bereits die Ausgangslage konfliktträchtig und prekär. Bergbauern und -bäuerinnen, Kühe und Almen werden romantisiert, die Almen sind ein Inbegriff von Idylle. Tourismus und Werbung beuten diese Bilder aus und verzerren die Realität immer weiter. Wenn Idylle und Realität aufeinanderprallen, dann können Konflikte eskalieren. In Zukunft brauchen wir bessere Bedingungen für Klein- und Bergbetriebe und mehr Klimagerechtigkeit. Als ÖBV fordern wir mehr Realitätsbezug und Mitbestimmung von uns Bauern und Bäuerinnen in diesen Fragen ein!

Rückfragehinweis:

Franziskus Forster
ÖBV-Via Campesina Austria, Referent für Öffentlichkeitsarbeit
franziskus.forster@viacampesina.at, +43-650-68 888 69
Eingefügt aus <https://www.viacampesina.at/kuh-urteil-almen/>

Mit Hund auf die Alm: So kann es funktionieren

Nach der tödlichen Kuhattacke in Tirol und speziell nach der Verurteilung des Bauern ist die Verunsicherung auf vielen Seiten groß. Mit dem richtigen Verhalten ließen sich aber Gefahrensituation vermeiden, sind sich Experten einig.

Wer sich Rindern nähert, sollte dies ruhig machen und eventuelle Warnsignale der Tiere ernst nehmen, sagt Landwirt Markus Brunnbauer aus Kirchberg an der Pielach (Bezirk St. Pölten): „Das kann ein Auf- und Abschlagen des Kopfes des Rindes sein, aber auch wenn sie schnaubt oder mit den Vorderbeinen schabt.“ Brunnbauer empfiehlt zwar grundsätzlich Rinderweiden auszuweichen, ist aber davon überzeugt, dass sich mit dem richtigen Verhalten viele Zwischenfälle vermeiden ließen.

Bianca Böhm, ebenfalls Landwirtin in Kirchberg an der Pielach (Bezirk St. Pölten) rät vor allem Menschen mit Kindern und Hunden zur Vorsicht. „Rinder sind nicht generell gefährlich. Besonders wenn man ruhig ist, passiert normalerweise nichts.“ Kinder sollten sich ruhig verhalten und an der Hand ihrer Eltern gehen, Hunde müssten an der Leine geführt werden, so Böhm. Besonders Mutterkühe würden auf Hunde gereizt reagieren können, wenn diese ihre Kälber in Schutz nehmen.

Eigentlich würden die meisten Menschen, die auf Almen unterwegs sind, die Verhaltensregeln gut kennen, sagt Gerhard Glinz, Vorsitzender des Alpenvereins Niederösterreich. „Probleme gibt es in erster Linie mit Menschen aus der Stadt, die Almen mit Streichelzoos zu verwechseln scheinen. Rinder auf Almen zu streicheln, ist ein großer Fehler“, sagt Glinz.

Rinder empfinden Hunde als Bedrohung – ruhiges Verhalten ist wichtig

Die aktuelle Situation sei nicht einfach und man verstehe beide Seiten, sagt er: „Es braucht meiner Meinung nach eine Lösung, die Bauern aus der Haftung entlassen und die Eigenverantwortung der Wanderer ins Zentrum stellt. Hundeverbote und Sperren von Almwegen wären kein wünschenswertes Ziel“, so Glinz. Generell sei das Problem mit Almwanderwegen in Niederösterreich nicht sehr groß: „Es gibt kaum Unfälle mit Wanderern und Hunden auf Almen. Natürlich ist jeder einzelne Fall einer zu viel.“ Während manche Bauern über Hundeverbote oder ein Sperren von Almwegen nachdenken hofft der Alpenverein Niederösterreich auf eine Lösung, mit der Landwirte und Touristen leben können.

Hunde trainieren und Stimmung einschätzen

Nicht jeder Hund sei für Wanderungen geeignet, sagt Hundetrainerin und Hundepsychologin Iris Exel-Grabner von der Hundeschule Hürm (Bezirk Melk). Wesen, Rasse und Jagdtrieb entscheiden darüber, ob der Vierbeiner almtauglich ist, so die Expertin. Bevor man Hunde mit auf Wanderungen nimmt, sollte der Hund lernen, gehorsam an der Leine zu gehen und sich ablenken zu lassen, sollte man mit ihm auf eine Rinderherde stoßen. „Zu vielen gefährlichen Situationen kommt es erst gar nicht, wenn ich mit dem Hund vorab ein richtiges Verhalten trainiere.“

Weidenden Herden sollten Hundebesitzerinnen und Hundebesitzer immer möglichst großräumig ausweichen. Wenn wirklich kein Weg an ihnen vorbeiführt, sollte man zuerst die Stimmung der Herde einschätzen, einen unangespannten Moment abwarten und den Hund eng an sich an der Herde vorbeiführen. „Der Mensch geht zwischen Hund und Kühen, führt den Hund möglichst weit an den Tieren vorbei. Wenn ich den eigenen Körper als Barriere einsetze, ist das für beide besser.“

Die Leine ist ein absolutes Muss bei Begegnungen mit Rindern, im Notfall muss der Hund allerdings abgeleint sein

Im Ernstfall: Leine loslassen

Sollte die Herde wirklich angreifen und auf die zwei- und vierbeinigen Wanderer zulaufen, müsse man den Hund möglichst schnell von der Leine nehmen. Darin sind sich die Landwirte, als auch die Hundetrainerin und die Experten des Alpenvereins einig. Die Leine wurde der in Tirol tödlich verletzten Frau zum Verhängnis. Da sie die Leine ihres Hundes um den Bauch gewickelt hatte, konnte sie sich nicht in Sicherheit bringen, als die Herde auf den Hund zugelaufen kam.

Alm-Manifest soll Zeichen setzen

Mit einem Alm-Manifest rufen Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP) und der Ehrenpräsident des Umweltdachverbandes, Gerhard Heilingbrunner,  derzeit zu mehr Eigenverantwortung auf Almen und Wegen und zu mehr Achtsamkeit in der freien Natur auf. Mit den gesammelten Unterschriften wolle man ein Zeichen setzen heißt es.

www.alm-manifest.at

Die Hunde begreifen den Hund als Feind, nicht den Menschen. Wenn der Hund wegläuft, ist der Mensch nicht länger in Gefahr”, sagt Landwirtin Böhm. Hauptsache, die Leine sei entfernt, dann könnten Wanderer die Zeit nutzen, in der die Herde ihre Aufmerksamkeit auf den Hund richtet und selbst das Weite suchen. Um den Hund bräuchten sich Hundebesitzer nicht zu sorgen: „Der hat einen Geschwindigkeitsvorteil gegenüber den Rindern, wenn er die Flucht ergreift. Und das macht ein Hund, wenn ihm Kühe entgegenlaufen“, erklärt Hundetrainerin Exel-Grabner. Für den Notfall sei es außerdem ratsam, einen Stock mitzunehmen, wenn man eine Alm überqueren müsse, so Landwirt Brunnbauer. Mit diesem ließen sich Rinder im Allgemeinen gut vertreiben – am wichtigsten sei es aber, in jeder Situation Ruhe zu bewahren.

Veronika Berger, noe.ORF.at
Publiziert am 03.03.2019
Eingefügt aus <https://noe.orf.at/news/stories/2967631/>